Immer mehr Menschen in Bayern kommen nur mit Nebenjobs über die Runden

SPD-Anfrage belegt massiven Anstieg von Mehrfachbeschäftigungen – Arbeitsmarktexpertin Angelika Weikert fordert Stärkung von Tarifbindung und Eindämmung atypischer Beschäftigung

  • von  A. Weikert
    08.03.2018
  • Beiträge, Arbeitsmarkt und Beruf

Immer mehr Menschen in Bayern kommen nur dank eines oder mehrerer Nebenjobs über die Runden. So ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit mindestens einem zusätzlichen geringfügigen Beschäftigungsverhältnis seit 2003 Jahr für Jahr angewachsen – von 190.000 auf aktuell (2017) 567.000 Personen, also auf knapp das Dreifache. Das belegt die Antwort der Staatsregierung auf eine schriftliche Anfrage der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion Angelika Weikert.

Insgesamt haben 660.000 Menschen in Bayern einen Nebenjob (Stand: 2017). 567.000 von ihnen üben eine geringfügige Beschäftigung zusätzlich zu einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis aus, über 350.000 davon sogar neben einem Vollzeitjob. Fast 50.000 haben mehrere Minijobs gleichzeitig, ohne in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zu stehen. Mehrfachbeschäftigungen haben dabei in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Um diesen Trend zu stoppen, fordert Weikert die Staatsregierung auf, sich für eine weitere Stärkung der Tarifbindung sowie die Eindämmung atypischer Beschäftigungsverhältnisse einzusetzen: „Das Ziel muss sein, die Menschen in nachhaltige, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bringen und dort anständig zu entlohnen. Denn wer einen anständig bezahlten Vollzeitjob hat, der braucht keinen Nebenjob!“

Besorgniserregend findet Weikert, dass die Staatsregierung den kontinuierlichen Anstieg von Mehrfachbeschäftigungen in Bayern nicht einzuordnen weiß: „Die Staatsregierung behauptet in ihrer Antwort ernsthaft, es lägen keine statistisch signifikanten Hinweise dafür vor, dass vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern das Einkommen aus einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis alleine nicht ausreicht. Diese Aussage ist wahlweise ignorant oder zynisch!“

Auffallend ist zudem, dass es deutlich erkennbare regionale Unterschiede gibt: In den Städten und dem „Münchner Speckgürtel“ ist die Nebenjobquote höher als auf dem Land. Weikert erläutert: „Das sind genau die Regionen, in denen die Lebenshaltungskosten am höchsten sind. Es ist doch wohl naheliegend, dass da ein Zusammenhang besteht und vielen ein Einkommen nicht zum Leben reicht!“

Die Antwort der Staatsregierung auf Weikerts Anfrage offenbart nun zudem, dass 380.000 der 660.000 Mehrfachbeschäftigten in Bayern Frauen sind. Weikert führt hierzu aus: „Es zeigt sich: Die Mehrheit der Nebenjobber ist weiblich, altersmäßig sind vor allem die mittleren Lebensjahre betroffen. Das sind die Frauen, die in der Teilzeitfalle festhängen, aber mehr arbeiten wollen und mehr verdienen müssen. Es ist gut, dass die neue Bundesregierung mit dem Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit hier für eine erste Verbesserung sorgen will.“

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