Oppositionsarbeit als Auftrag

  • von  A. Weikert
    19.11.2013
  • Beiträge

wei Monate sind seit den Wahlen in Bund und Land vergangen. Während auf Bundesebene die Koalitionsverhandlungen in die heiße Phase eintreten und unsere Partei möglicherweise Regierungsverantwortung übernehmen und sozialdemokratische Kernforderungen durchsetzen kann, stellt sich die Lage in Bayern anders dar.

Leider konnten wir unser Ziel, nach über 50 Jahren CSU-Herrschaft einen Regierungswechsel zu schaffen, nicht erreichen. Fünf weitere Jahre in der Opposition liegen also vor uns.
Angesichts der wenig ambitionierten Regierungserklärung, die Horst Seehofer am 12. November abgegeben hat, will sich die CSU offenbar auf die Verwaltung des Erreichten beschränken.
Seehofer verordnete einen Reformstopp im Schulbereich und einen Stellenstopp im öffentlichen Dienst. Stillstand statt mehr Bildungsgerechtigkeit, mehr Lehrkräften und vor allem mehr Steuerprüfern und –fahndern.

Vier Themenbereiche hat der Ministerpräsident zu Zukunftsherausforderungen für die nächsten fünf Jahre erkoren: die Internationalisierung, die digitale Revolution, die demographische Entwicklung und die sich daraus ergebenden kulturellen Auswirkungen. Konkrete Konzepte sucht man meist vergeblich. Stattdessen sollen alte Ideen als neue verkauft werden, neue Ziele fehlen weitestgehend.

So kündigte Seehofer beispielsweise den flächendeckenden Zugang zu schneller Internetversorgung bereits in seiner ersten Regierungserklärung 2008 an. Gleiches gilt für die Schaffung von Ganztagsangeboten für alle Schülerinnen und Schüler über 14 Jahren. Beide Projekte sollten bereits in der vergangenen Legislaturperiode abgeschlossen sein und werden nun als große neue Zukunftsherausforderungen verkauft.

Unser Fraktionsvorsitzender Markus Rinderspacher fand in seiner Erwiderung auf die Regierungserklärung treffende Worte: „Ihre Ankündigungen von 2008 haben sich vollends zerstoben oder ins Gegenteil verkehrt.“
Wir Sozialdemokraten werden uns nicht darauf beschränken, die CSU-Regierung für ihre Selbstherrlichkeit und die Kehrtwenden ihrer Führungsspitze zu kritisieren.
Vielmehr wollen wir, möglicherweise mit Rückenwind aus Berlin, die bayerische Staatsregierung in die Pflicht nehmen, die unübersehbaren Gerechtigkeitslücken im Freistaat zu schließen. Dazu haben wir fraktionsintern bereits die Weichen gestellt. Ich freue mich, dass mir meine Fraktion im Zuge dessen ihr Vertrauen geschenkt und mich zur sozialpolitischen Sprecherin gewählt hat.

Durch die Flüchtlingstragödie vor Lampedusa und die Berichte über die heillose Überbelegung der beiden Zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber in Zirndorf und München gewann die Diskussion über den Themenbereich Asyl und Flüchtlingsschutz bereits wenige Tage nach der Wahl an Dynamik. So wurde die Ausarbeitung eines Zehn-Punkte-Plans für eine humane Flüchtlingspolitik in Bayern zu meiner ersten Aufgabe als sozialpolitische Sprecherin. Bereits wenige Stunden nach dessen Vorstellung kündigte die neue Sozialministerin Emilia Müller die Schaffung einer dritten ZAE und die Abkehr von der entmündigenden Praxis der Essenspakete für Asylbewerber an. Wenn den Ankündigungen jetzt auch Taten folgen, besteht Hoffnung, dass sich zum einen die prekäre Situation der Flüchtlinge in Bayern verbessert. Zum anderen deutet sich ein neuer Stil der Amtsführung im Sozialministerium an.

Ob auch in anderen Bereichen der Landespolitik derartige Fortschritte erzielt werden können bleibt abzuwarten. Wünschenswert wäre es allemal. Denn auch für die von Horst Seehofer versprochene Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit und die komplette Beseitigung der Jugendarbeitslosigkeit hat die SPD in der Vergangenheit bereits tragfähige Konzepte vorgelegt.
Das Beispiel Asylpolitik zeigt: auch aus der Opposition können wir Themen nach vorne bringen, Konzepte vorlegen, die Öffentlichkeit überzeugen und so die Staatsregierung zum Handeln bewegen. Stetiger Einsatz für die Beseitigung des Ungleichgewichts zwischen den Regionen, den sozialen Gruppen, den Geschlechtern und Menschen unterschiedlicher Herkunft. Dazu ein offenes Ohr für die Anliegen und Probleme der Menschen in unseren Stimmkreisen. So definieren meine Fraktionskollegen und ich unseren Auftrag für die nächsten fünf Jahre bayerischer Landespolitik.

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